Garten gut, alles gut? Warum Gärten die Welt zwar schöner machen, aber nicht retten können.
Bisher ist die Gemeinde Stelle eher wenig für ihren ausgeprägten Umweltsinn bekannt. 14 Fußballfelder wollen die Steller*innen demnächst für ein neues Aldi-Logistikzentrum versiegeln, eine Entscheidung, die über die Grenzen der Gemeinde hinaus für Unmut sorgt. Und auch in Ashausen wird fleißig versiegelt, Stichwort Supermarkt und Heins Hoff. Doch das soll sich nun ändern, hat sich Bürgermeister Robert Isernhagen offensichtlich überlegt. Gemeinsam mit dem Grundsteuerbescheid und dem Hundesteuerbescheid trudelte ein Brief des Bürgermeisters bei allen Grundstücks- und Hundeeigentümer*innen ein, in welchem diese aufgefordert werden, ihre Gärten umweltfreundlicher zu gestalten. Das einseitige Schreiben mit dem Titel: „Mein Garten – ein kleines Insektenparadies“ vermittelt auf einfache Art und Weise Grundwissen und Tipps: das Schottergärten Insekten den Garaus machen, heimische Wildpflanzen eine gute Idee sind, und dass man auch mal etwas stehen- oder liegenlassen soll. Die Bezeichnung „kleines Paradies“ ist dabei gut gewählt: bei den wirklich großen Flächen macht man sich in Stelle offensichtlich weniger Gedanken um Insekten. Zur Erinnerung: das Vorkommen der gefährdeten Feldgrille auf der Aldi-Fläche wurde zwar in einer Auslegung berücksichtigt, änderte aber nichts an der Entscheidung der Gemeinde, die Grillen in letzter Instanz doch zuzubauen.
Nun sollen es also die Bürger*innen in ihren Gärten richten. Quasi Inseln können diese werden, für Insekten, Fledermäuse, Vögel, und Co. Allerdings besagt die Inseltheorie, dass vor allem die Größe eine Rolle spielt: je größer die Insel, desto mehr Arten leben dort. Doch nicht alles chic im Steller Knick (Knick bedeutet Wallhecke)? Ja, und nein. „Recht hat er ja, der Bürgermeister,“ sagt Kathleen Schwerdtner Máñez von Ortsvorstand der Steller Grünen. „Wenn alle in ihren Gärten der Natur ein wenig mehr (Spiel) Raum geben würden, wäre das ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Ein paar mehr Informationen hätte man sich gewünscht, welche heimischen Wildpflanzen es denn sein sollen, wie so ein Wasserreservoir aussehen könnte, und was genau sinnvollerweise blühen sollte.“ Denn mit der Wildblumensaat allein ist es nicht getan. Häufig handelt es sich dabei um Standardmischungen, von denen vor allem Allerweltsarten profitieren. Viele gefährdete Arten sind aber Spezialisten und brauchen ganz bestimmte Nahrungspflanzen. Regional unterschiedliche Mischungen mit lokalen Pflanzenarten sind das Mindeste, was man tun kann. Noch besser ist es, größere Flächen naturnah zu belassen – so es sie denn noch gibt. Denn wie das Sprichwort schon sagt: nur die Harten kommen in den Garten. Die Feldgrille gehört leider nicht dazu. (ksm)