Wenige Monate vor der Neuwahl ändert der Steller Gemeinderat seine Geschäftsordnung. Nach dem Willen der Mehrheitsfraktionen soll Bürger*innenprotest im Gemeinderat, wie zuletzt im Zusammenhang im Bebauungsplanverfahren für das Aldi-Zentrallager und der Diskussion über die völlig verfehlte KiTa-Planung erlebt, nicht mehr möglich sein. Störungen, insbesondere Bekundungen des Beifalls oder der Missbilligung, sollen künftig verboten sein und zum Verweis aus dem Saal führen.
Man lasse sich dies auf der Zunge zergehen: Beifallsbekundungen und das Gegenteil werden als störend erlebt. Den Zuschauer*innen wird das Recht abgesprochen, eine Meinung zu äußern, weder mit Worten noch mit den Händen (Klatschen). Wer möchte dann noch zuhören? Bürger*innenbeteiligung schreibt man anders.
Helga Schenk, Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, weist darauf hin, dass auf Seiten der Einwohner*innen ein großes Bedürfnis bestand gehört zu werden, der Gemeinderat in seiner Mehrheit aber gerade diese kritischen Stimmen nicht hören wollte. Die Einwohner*innen fühlten sich nicht ernst genommen, nicht abgeholt. Den daraus resultierenden Unmut muss die Politik ertragen, so die Grüne Ratsfrau.
Lothar Steffen, ebenfalls Kandidat der Grünen bei der Gemeinderatswahl, hält die vorgesehene Disziplinierung des Publikums für den verkehrten Weg: „Angesichts der häufig leeren Zuschauerplätze in Ausschuss- und Ratssitzungen sollte es doch darum gehen, die Steller Bevölkerung stärker zu motivieren, am demokratischen Willensbildungsprozess teilzuhaben und an Sitzungen teilzunehmen. Die beiden Einwohnerfragestunden am Anfang und Ende der Sitzungen sind in der Regel bloße Pflichtübungen. Zum Anfang der Sitzung ist ein streitbeladenes Thema noch nicht in der Sache vorgestellt und am Ende der Sitzung sind bereits Beschlüsse gefasst worden oder die Gutachter*innen nicht mehr anwesend. Gerade bei wichtigen Tagesordnungspunkten mit Vorträgen von Gutachtern sollte es mehr Möglichkeiten geben, direkte Fragen aus dem Publikum zuzulassen. Dann würden die Unmuts- und Beifallsäußerungen, die in Stelle auch bisher trotz sehr strittiger Tagesordnungspunkte kaum über harmlosen verbalen Protest hinausgegangen sind, noch weniger aggressiv werden, weil es legale Diskussionsbeiträge ermöglicht.“
PS: Der Antrag steht auf der Tagesordnung für die Ratssitzung am 16. Juni